Das Mädchenheim zu Gast bei Dienvidis

Das Mädchenheim zu Gast bei Dienvidis

In einem ruhigen Wohnviertel in Klaipeda gelegen, befindet sich eine Villa mit knapp 500 Quadratmetern auf mehreren Etagen. Umgrenzt von einem großflächigen Gartenbereich ist sie liebevoll zu einer Kinder- und Jugendtagesstätte hergerichtet worden. Die vielen Räumlichkeiten haben einiges zu bieten: so gibt es ein Musikzimmer mit diversen Instrumenten, ein Bastel- und Handwerkszimmer für kreative Beschäftigungen aller Art, oder ein Therapiezimmer als Angebot der Psychologin. Aber auch Rückzugsorte für Hausaufgaben, Spielzimmer mit unzähligem Kuschel- und Spielmaterial sind vorhanden. Im Untergeschoss wird zur Zeit ein großer Bereich umgebaut. Hier soll speziell für die Jugendlichen des Hauses eine Aufenthaltsmöglichkeit entstehen, damit sie auch einmal unter sich sein können.

Der umfangreiche Garten lädt zum Spielen, Klettern, Schaukeln und Herumtollen ein. Die Kinder helfen auch in der Pflege des hauseigenen Obst- und Gemüsebeets. So regen sie dann auch in ihrem eigenen Umfeld ihre Eltern an, etwas anzubauen. Und außerdem, was selbst gepflanzt, geerntet und gekocht wird, schmeckt ja auch einfach ganz besonders gut.

Von Montag bis Freitag nutzen derzeit über 20 Kinder und Jugendliche das pädagogische Angebot, welches vor gut zehn Jahren als Herzensprojekt von Beate Blaha und Michaela Bündgen ins Leben gerufen worden ist. In familiärer Atmosphäre bietet Dienvidis den Kindern und Jugendlichen heute ein zweites Zuhause. Mit viel Herz und Verstand weiß das Team von Dienvidis, bestehend aus Einrichtungsleiterin Jurgita Kuleviciene, zwei Pädagoginnen, einer Psychologin, Hausmeister und Reinigungs-/Kochpersonal, sich gegenseitig in der Zusammenarbeit bestens zu ergänzen — die Kinder kommen mit Begeisterung ins Tageszentrum, hier werden sie wertgeschätzt.

Anlässlich der Anschaffung eines eigenen Trampolins, hat Dienvidis die Möglichkeit ergriffen, die Motopädin des Mädchenheim Gauting Ellen Schubert zu sich einzuladen, um gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen eine professionelle Einführung in das Gerät zu erhalten. Gleichzeitig war es für das deutsche pädagogische Fachpersonal eine willkommene Gelegenheit, eine pädagogische Einrichtung in Litauen kennen zu lernen.

Im Mädchenheim Gauting nutzt Frau Schubert das Trampolin bereits seit Jahren als erfolgreiches Diagnostikgerät, aber auch als Sport- und Entspannungsangebot. Auch viele der in Dienvidis betreuten Jungen und Mädchen haben Erfahrungen der Vernachlässigung, Gewalt oder sexuellen Missbrauchs gemacht. Die Folge daraus ist unter anderem ein gestörtes Körperbewusstsein.

Das Trampolin hat sich besonders darin bewährt, durch gezieltes Training ein therapeutisch orientiertes Training zu ermöglichen. So schafft es oft Zugänge zu den Kindern und Jugendlichen, die bisher als schwierig oder nicht mehr erreichbar galten: Sie haben die Möglichkeit, im Gefühl des Fliegens angestaute Energien abzubauen und Erfolgserlebnisse im Erlernen verschiedener Sprünge zu durchleben. Besonders auch stark in sich gekehrte und schüchterne Persönlichkeiten können dadurch aus ihrer Passivität gelockt werden.

Das Trampolin erfordert und fördert viel an Miteinander und gegenseitigem Vertrauen. So konnten es die Kinder und Jugendlichen von Dienvidis kaum abwarten, zum ersten Mal die spannende, neue Anschaffung auszutesten. Nahezu alle mussten es unbedingt mindestens einmal erlebt haben. Die Kinder stellten sich selbständig in Rücksicht aufeinander immer wieder der Reihe nach in einer Schlange an, um nacheinander von der Motopädin eingeführt zu werden. Auch interessierte Erzieherinnen luden sie dazu ein, sich einmal auf dem Trampolin zu versuchen.

Die geradezu plötzlich hervor springenden gelösten und glücklichen Emotionen der einzelnen Jungen und Mädchen sind unbeschreiblich. Dabei stellte es keinerlei Hindernis dar, dass die deutsche Motopädin und die Kinder aus Litauen unterschiedliche Sprachen beherrschten. Mit Hilfe des Trampolins als Sprachrohr konnten sich beide hervorragend verständigen. Über die sprachlichen Barrieren hinweg, entstand somit ein herzliches Miteinander.

Ein Kinderlachen sagt schließlich mehr als tausend Worte.

Text von Jeannine Nissen, Sozialpädagogin Mädchenheim Gauting